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SIRT

Selektive Interne Radiotherapie
// Methodik // Voraussetzung // Durchführung

SIRT - Selektive Interne Radiotherapie

Die Selektive Interne Radiotherapie (SIRT), auch Radioembolisation, ist eine loko-regionäre, minimalinvasive Therapie zur Behandlung von primären Leberzelltumoren (HCC) und Metastasen anderer Tumoren in der Leber. Sie wird auch als Radioembolisation (RE) oder Transarterielle Radioembolisation (TARE) bezeichnet. Die Therapie ist eine komplikations- und nebenwirkungsarme Option für Patienten mit nicht resektablen Tumoren bzw. für Patienten, die nicht oder nicht mehr auf andere lokale und systemische Verfahren ansprechen. Sie kommt bisher vorwiegend im palliativen Stadium zum Einsatz. Vereinzelt wird die SIRT aber auch zum Downstaging eingesetzt, um später eine Teilresektion der Leber zu ermöglichen.

Indikation

Die Selektive Interne Radiotherapie ist beim hepatozellulären Karzinom und bei Metastasen mittleren und fortgeschrittenen Stadiums in der Leber indiziert. Besonders erprobt ist die SIRT bei folgenden Krankheitsbildern:

Aber auch Metastasen anderer solider Tumoren, wie des Pankreaskarzinoms oder des Aderhautmelanoms, zeigen nach der SIRT gute Therapieergebnisse.

Die Therapie der Wahl bei Tumoren und Metastasen in der Leber ist die chirurgische Resektion – bei nicht zu ausgedehntem primären Leberzellkrebs (HCC) die Lebertransplantation. Jedoch kommen diese Therapieoptionen nur bei einem geringen Prozentsatz der Patienten in Betracht, da die Erkrankung in der Leber häufig erst im zu weit fortgeschritten Stadium erkannt wird oder nach chirurgischer Tumorentfernung nicht genügend gesundes Lebergewebe erhalten bleiben würde. Letzteres gilt insbesondere für Patienten mit einer Leberzirrhose, bei denen das verbleibende vorgeschädigte Lebergewebe die lebensnotwendige Syntheseleistung bzw. Entgiftung des Körpers nicht mehr gewährleisten könnte. An dieser Stelle setzt – nach nicht mehr erfolgversprechender systemischer Chemotherapie – die Selektive Interne Radiotherapie an.

Die Selektive Interne Radiotherapie (SIRT) ist für primäre und sekundäre Lebertumoren indiziert. Zu den fünf häufigsten Indikationen einer SIRT finden Sie hier Faktenblätter mit Informationen zum Krankheitsbild sowie zur Studienlage und zu den Leitlinienempfehlungen der Fachgesellschaften.

Das Hepatozelluläre Karzinom (primärer Leberzellkrebs, HCC) und das intrahepatische Cholangiozelluläre Karzinom (innerhalb der Leber befindlicher Gallengangskrebs, ICC) sind Primärtumoren, für die eine SIRT indiziert sein kann. Darüber hinaus werden hier Primärtumoren beschrieben, die in die Leber metastasieren können: das kolorektale Karzinom, das Mammakarzinom und Neuroendokrine Tumoren.

Factsheet-HCC f. Mediziner_Mai_2017

Factsheet ICC f. Mediziner_Mai_2017

Factsheet-Mamma f. Mediziner_Mai_2017

Factsheet mKRK f. Mediziner_Mai_2017

Factsheet NET f. Mediziner_Mai_2017

Methode

Bei der Selektiven Internen Radiotherapie werden 20 bis 60 Mikrometer kleine Mikrosphären, die mit dem radioaktiven Isotop Yttrium-90 versehen sind, über einen Katheter von der Leiste über die Körperhauptschlagader durch die Arteria hepatica direkt zum Tumor geleitet. Auf diese Weise kann der Tumor lokal und mit einer sehr hohen Strahlendosis behandelt werden.

Die Selektive Interne Radiotherapie macht sich dabei die duale Blutversorgung der Leber zu Nutze: Gesundes Lebergewebe erhält über 80 Prozent seiner Blutversorgung über die Vena portae und bedeutend weniger über die Arteria hepatica. Für Lebertumoren gilt jedoch genau das Gegenteil, denn sie werden über die Arteria hepatica mit Blut versorgt. Folglich werden die mit Yttrium-90 versetzten Mikrosphären genau über diese Arterie zum Tumor gebracht. Dort können sie gezielt im Tumor wirken, ihn von innen heraus bestrahlen und zerstören. Gleichzeitig blockieren die Mikrosphären die Blutgefäße und schränken somit die Blutzufuhr zum tumorösen Gewebe ein.

Aufgrund der geringen Reichweite der Beta-Strahlung des Yttrium-90 in den Mikrosphären von zwei bis maximal elf Millimetern bleibt das umliegende gesunde, nicht tumortragende Lebergewebe weitestgehend verschont. Folglich kann die Selektive Interne Radiotherapie im Vergleich zur externen Bestrahlung mit einer bis zu 40-fach höheren Intensität arbeiten. Bei Durchführung dieser interdisziplinären Therapie arbeiten Radiologen, Nuklearmediziner und Medizinphysikexperten eng zusammen.

Ausschlusskriterien

Die Selektive Interne Radiotherapie ist eine interdisziplinäre Methode. Im Regelfall entscheiden Onkologen, Radiologen, Nuklearmediziner, Gastroenterologen und Chirurgen gemeinsam in einem Tumorboard, ob die SIRT die optimale Behandlungsmethode für den Patienten darstellt.

Die Selektive Interne Radiotherapie wird angewandt, wenn andere lokale und systemische Verfahren, wie zum Beispiel die Resektion oder Chemotherapie, keine Wirksamkeit mehr zeigen bzw. nicht durchführbar sind. Die SIRT wird vereinzelt auch zum Downstaging eingesetzt, um bei einem zunächst nicht resektablen Befund später erfolgreich operieren zu können. Voraussetzung für die Durchführung der SIRT ist, dass keine oder nur eine marginale extrahepatische Metastasierung bzw. kein Rest- oder Rezidivgewebe eines Primärtumors außerhalb der Leber vorliegt. Es ist immer individuell zu prüfen, ob die Leber das für das Überleben bestimmende Organ des Patienten darstellt.

Um Nebenwirkungen vorzubeugen, sind zum Beispiel Kurzschlussverbindungen der Arterien in den Magen, Zwölffingerdarm, die Bauchspeicheldrüse und gegebenenfalls die Gallenblase zu identifizieren. Die SIRT darf nur durchgeführt werden, wenn vorhandene Kurzschlussverbindungen im Vorfeld sicher verschlossen werden können und dadurch ein Abfließen der Mikrosphären über diese Gefäßverbindungen in andere Organe verhindert wird. Starke Vorschädigungen des Lebergewebes durch andere Therapien oder fortgeschrittene Grunderkrankungen stellen ein Risiko für den Erfolg der SIRT dar. Die Leberfunktion muss sich anhand aktueller Blutwerte als noch ausreichend erweisen. Bei Vorliegen eines Aszites ist dessen Ursache zu identifizieren, da in Abhängigkeit davon eventuell von der Durchführung der SIRT Abstand genommen werden muss.

Nebenwirkungen

Die Selektive Interne Radiotherapie ist bei genauer Patientenvorbereitung eine relativ nebenwirkungs- und komplikationsarme Behandlungsmethode. Vereinzelt berichten Patienten kurz nach der Intervention von einem Druckgefühl im Oberbauch, Übelkeit oder Brechreiz. Es kann auch bis zu mehreren Wochen nach dem Eingriff zu grippeähnlichen Symptomen, wie Abgeschlagenheit und erhöhter Temperatur, kommen. Diese Beschwerden lassen sich jedoch in der Regel gut medikamentös behandeln.

Selten kommt es zu einer Cholezystitis, wenn zu viele Mikrosphären in das arterielle Gefäßbett der Gallenblase abwandern. Vereinzelt wird ein strahleninduziertes Leberversagen (Radiation Induced Liver Disease) beobachtet, welches unter anderem durch eine sequenzielle Applikation der Mikrosphären in den rechten und linken Leberlappen vermindert werden kann, am besten im Zeitabstand von einigen Wochen. Extrahepatische Komplikationen können auftreten, wenn radioaktive Mikrosphären über arterielle Kurzschlussverbindungen in Gefäße des Gastrointestinaltraktes verschleppt werden. Dies kann Ulzerationen oder sogar eine Perforation des Magens, des Zwölffingerdarms oder der Speiseröhre auslösen. Bei Verschleppung radioaktiver Mikrosphären in die Bauchspeicheldrüse können auch hier Entzündungen entstehen.

Nachsorge

Nach Durchführung der Selektiven Internen Radiotherapie sollte in Absprache mit dem SIRT-Team eine regelmäßige Nachsorge durch einen Onkologen erfolgen. Dieser kann mögliche Nebenwirkungen beobachten und gegebenenfalls weitere Behandlungsmaßnahmen einleiten. Zur üblichen Nachsorge zählen PET/CT- und MRT-Untersuchungen der Leber sowie regelmäßige Laborkontrollen.

Erstattung

Die SIRT wird mittlerweile deutschlandweit in verschiedenen Kliniken angeboten und von den meisten gesetzlichen und privaten Krankenkassen erstattet. Hier finden Sie eine Liste der SIRT-Zentren.

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